Indiecon goes Buchmesse

112 Quadratmeter für Mut und Leidenschaft

Im Kiosk, am Bahnhof oder im Supermarkt stehen Magazine mit den immer gleichen Themen: Vegan ist das neue Mett für die Seele, Generation Y zieht zurück aufs Land und hier kommt der neue Land Rover für den Business Punk. Ein Überangebot austauschbarer Hefte füllt die Regale – und doch klagen große Verlage über schwindende Absätze. Lösungen kommen aus der Nische: Dort haben sich unabhängige Magazine etabliert, die mit neuen Konzepten und eigenem Anspruch einen alternativen Lesemarkt erschließen. In diesem Jahr sind einige von ihnen erstmals auf der Frankfurter Buchmesse zu Gast.

Die „Indiecon Island“ ist ein Kiosk aus Stahlgerüst, an seinen Flanken kraken alte Architektenlampen. Sie beleuchten die 112 Quadratmeter Ausstellungsfläche in Halle 4.1, mit Leseinseln, einem goldenen Magazin-Automaten und kleiner Bühne. Zehn herausragende Magazinmacherinnen und Magazinmacher aus Deutschland präsentieren dort ihre aktuellen Publikationen: Alexander Scholz zeigt die druckfrische zweite Ausgabe seines Digitalkunst-Magazins HOLO, Sascha Ehlert hat die neue, zehnte Ausgabe seines Musikmagazins DAS WETTER im Gepäck. Auch das Gesellschaftsmagazin Froh! aus Köln, das etwas andere „Straßenmagazin“ Flaneur aus Berlin sowie das Literaturmagazin Edit aus Leipzig sind mit aktuellen Heften dabei.

 

 

Auf der Bühne empfangen sie Gäste wie Christoph Amend (ZEITmagazin), der mit Tristan Rodgers vom „magazine for redheads“ (MC1R) über seine Haarfarbe und sein Interesse an Kleinstpublikationen spricht. Theresia Enzensberger vom LeadAwards „Newcomermagazin des Jahres“ BLOCK  empfängt Stefanie Lohaus von Missy. Die Epilog lädt zum Literaturlotto, das Politikmagazin Kater Demos zum Medien-Memory. Die Magazinmacherin Agnese Kleina (Benji Knewman) gibt eine kleine Einführung in lettische Grammatik und Ibrahim Nehme bringt The Outpost aus dem Libanon mit – ein Magazin über Möglichkeiten an einem unmöglichen Ort. Außerdem kommt Magazin-Grandmaster Michael Hopp (ehemals Tempound Wiener) für eine neue Ausgabe seines Blattkritik Salon Hamburg auf die Indiecon Island, um vor Ort Hefte zu besprechen.

Gemeinsam zeigen sie auf der Buchmesse, das Independent Publishing eine Ökonomie der Vielen, der Klein- und Kleinstpublikationen ist. „Die Leser profitieren von einer Szene, die – anders als die etablierten Verlage – angstfrei Neues ausprobiert und künstlerisch neue Richtungen aufzeigt“, schreibt Silke Burmester in ihrem Bericht über die Indiecon 2016 für die Süddeutsche Zeitung. Einmal jährlich kommen bei dem Festival für unabhängige Magazine in Hamburg über 150 Magazinmacherinnen und Magazinmacher aus der ganzen Welt zusammen und sprechen auf Podien, in Vorträgen oder Workshops über Zusammenarbeit und Entwicklung unabhängiger Hefte. In diesem Jahr wagte dort Markus Peichl, Gründer von „Tempo“ und treibende Kraft hinter den LeadAwards, eine steile Prognose: „Ich glaube daran, dass die Erneuerung des Magazinmarktes, wenn überhaupt nur aus der Independent-Szene entstehen kann“.

Auf der Frankfurter Buchmesse bietet sich zwischen dem 19. und 22. Oktober die Gelegenheit, Macherinnen und Macher kennenzulernen.